Jetzt wird abgeknöpft!

Über neuere Sekten und Heilsbringer wie Raelianer, Urielianer und nicht zuletzt die "Ethiker des Erfolges" unter der gestrengen Leitung ihres Gurus, Hans-Olaf Henkel wurde in den deutschen und internationalen Medien schon Einiges berichtet. Die Branche scheint derzeit richtig in Schwung zu kommen. Wäre die gesamte deutsche Konjunktur so voller Elan, hätte kein Finanzminister schlaflose Nächte zuzubringen.

All diesen spirituellen Führern haftet jedoch hartnäckig der Verdacht an, es gehe ihnen letztendlich nur um das Geld ihrer Anhänger.

Aus den USA kommt nun eine Bewegung auf den europäischen Kontinent, der solcherlei Vorwürfe zu machen, von vornherein abwegig erscheint. Der amerikanische Bußprediger, Ernie-Bert Mountbutton ruft mit seiner Organisation "Anti Monetary Congress", kurz AMC zum Kampf gegen Geldgläubigkeit und Materialismus auf.

Seine mittlerweile auch in Deutschland stark angewachsene Anhängerschaft freute sich, ihren spirituellen Führer in der Stadthalle von Castrop-Rauxel mit hemmungslosem Jubel zu empfangen. Spinner-Bild Sonderkorrespondentin, Golda von Piepen-Zechprell war bei diesem denkwürdigen Ereignis zugegen, um unseren Lesern exklusiv zu berichten. Hier ihr Bericht von der Veranstaltung:

Die Stimmung in der Halle ist zunächst von erwartungsvoller Stille erfüllt. Man hätte einen Hemdknopf fallen hören. Dann ist es endlich soweit!

Mit vor mutwilliger Selbstlosigkeit strotzender Opferbereitschaft betritt Mountbutton die brüchigen Bretter der Stadthalle. An seiner rechten Wange prangt ein aufgenähter, goldener Knopf. Was für ein ungewöhnliches Piercing, gerade für einen Bußprediger!

Er beginnt auch sogleich mit seiner Rede, ohne auf die eifrig Eierpaletten herbeischleppenden Parteihelfer nur einen Blick zu werfen, während sein Auftritt von frenetischen "Ernie-Bert"-Rufen begleitet wird.

Der etwas untersetzte Mann von gesunder Gesichtsfarbe wirkt sehr aufgeräumt, um nicht zu sagen zufrieden. Und er zögert nicht, seinen Anhängern die Erkenntnis, die derartige Zufriedenheit verschafft, mit deutlichen Worten ans Herz zu legen:

Nichts in der Welt sei so wichtig, daß man es kaufen müsse, lautet die frohe Botschaft Mountbuttons. Das Elend in der Welt rühre letztendlich daher, daß man einem hemmungslosen Materialismus Raum gegeben habe, der in der blinden Geldgläubigkeit der Menschen wurzele. Damit gelte es aufzuräumen. Die Leute müßten von ihrem Sicherheitsnadeldenken Abstand nehmen und sich von ihrem unheilstiftenden Geld trennen. In seiner Eloquenz schafft es Mountbutton immer wieder, die Anhängerschaft mit gehaltvollen Sinnsprüchen spirituell auf Vordermann zu bringen: "Mag es doch zwicken und schlimm ziepen, wir leben ohne Piepen.", tönt es mit Donnerstimme von der Tribüne. "Wir feiern unsere Feten auch ohne die Moneten." usw..

Nachdem er mit all seinem rednerischen Charme die Zuhörerschaft geistig auf den richtigen Weg gebracht hat, kommt er auf den eigentlichen Sinn der Veranstaltung zu sprechen. Es geht nämlich darum, eine Kollekte durchzuführen, bei der die Anhängerschaft ihre Knöpfe zu spenden hat.

Zweck der Kollekte sei es, eine Benefizkampagne zu ermöglichen. Es würden bundesweit lokale Tauschveranstaltungen durchgeführt, bei denen bislang geldgläubigen Mitmenschen die Gelegenheit gegeben werde, ihrem Irrglauben abzuschwören und dann auch gleich ihre Barschaft gegen ein buntes, handliches Starter-Kit mit einem praktischen Knopfsortiment kostenlos einzutauschen.

"Zeigt euch nicht so zugeknöpft. Denkt immer daran: Wenn der Knopf im Bottich klappert, der Heiland selbst den Ablaß plappert.", feuert Mountbutton seine Jünger zur Opferbereitschaft an.

Sogleich geht ein Faß von nicht unbeträchtlichem Ausmaß durch die Reihen, in welches die Anhänger anscheinend bereitwillig ihre Knöpfe durch einen Schlitz einwerfen. Nachdem der Behälter, offenbar mittlerweile gut gefüllt, herumgegangen ist, wird er von zwei Parteihelfern auf die Bühne geschafft, und Mountbutton öffnet ihn. Hocherfreut betrachtet er die im Bottich angesammelten Knöpfe, greift hinein, läßt die Knöpfe durch die Finger rieseln und mit einem Mal erstarrt er vor Schreck, als er darin einige Geldmünzen findet:

"Manche von euch sind wohl auf den Knopf gefallen. Ihr Ausgeburten einer verkommenen Reißverschlußgesellschaft. Ich werde euch die segensreiche Wirkung von faulen Eiern demonstrieren." Seine zorngeröteten Wangen bilden mit dem blankpolierten, goldenen Knopf einen ehrfurchgebietenden Kontrast, als Mountbutton seinen Helfern per Handzeichen befiehlt, das Auditorium mit den vorsorglich auf der Bühne deponierten, faulen Eiern zu bombardieren.

"Ist das Ei, das trifft, gut faul, wirst du flugs vom Saul zum Paul.", erschallt es in der Stadthalle von Castrop-Rauxel, und wieder scheinen die weisen Worte ihre Wirkung nicht zu verfehlen: Anstatt vor dem Bombardement zurückzuweichen, erheben sich die Anhänger von ihren Plätzen und stürmen in Richtung Bühnenrand, um eine möglichst gehörige Portion der segensspendenden Gabe zu erhaschen.

Doch hat die Euphorie, die der Anblick seiner von faulen Eiern besudelten Jünger bei Mountbutton auslöst, unerwartete Folgen: Der mittlerweile in religiöser Entrückung befindliche Mann hüpft so hemmungslos auf den maroden Bühnenbrettern, daß diese der Belastung nicht mehr standhalten und er recht plötzlich eine Etage tiefer landet.

Die Veranstaltung muß wegen der darauf folgenden Unruhen von der Polizei aufgelöst werden, was seinerseits zur Eskalation führt: Wie Besessene stürzen sich die Jünger auf die Beamten, um ihnen die begehrten Uniformknöpfe aus Messing abzureißen.

Es kommt zu heftigen Tumulten. Jede Menge Knüppel und Knöpfe fliegen, bevor der Spuk ein Ende findet.

Der nicht zu erheblichem Schaden gekommene Mountbutton äußerte wenig später Verständnis für das Verhalten seiner Anhänger: "Wenn man erst mal mit einem Portemonnaie voll Knöpfen statt mit Geld durchs Leben geht, ändert sich das Bewußtsein der Neophyten meist recht rasch. Das ist das Zeichen, daß sie spirituell auf dem richtigen Weg sind."

Spinner-Bild meint: Vielleicht sollte man darüber nachdenken, eine Knopfsteuer einzuführen.