Erster Jesus außer Kontrolle
Zwei Jahre ist es jetzt her, daß sieben Jesus-Klone zu Freilandversuchen zugelassen wurden. Die mahnenden Stimmen wollten während der ganzen Zeit nicht verstummen. Sowohl der Vatikan als auch diverse Umweltschutzorganisationen warnten schon vor Beginn des theologischen Experiments, daß die möglichen Folgen unabsehbar seien und eventuell recht gefährlich ausfallen könnten. Die Experimentelle Theologie sei eine viel zu junge Wissenschaft, als daß man derart gewagte Schritte verantworten könne. Diesen Kassandra-Rufen scheint jetzt, zu Recht Gehör geschenkt zu werden. Aus einer kleinen Kirchengemeinde auf Vanuatu werden Nachrichten vermeldet, die sowohl dem eingefleischten Katholiken als auch dem verbissenen Umweltschützer die Haare auf den Zähnen zu Berge stehen lassen. Der Initiator des Experiments, Luigi Böcelli, dem es gelang aus Spermaspuren auf dem Turiner Grabtuch den Heiland zu rekonstruieren (Spinner-Bild berichtete), sieht sich jetzt schweren Vorwürfen ausgesetzt. Erstmals seit den Vorfällen äußerte er sich öffentlich dazu und gewährte Spinner-Bild ein Interview.
S.B.: „Herr Böcelli, sie hatten vor Beginn der Freilandversuche versichert, die Jesusse zeichneten sich durch hervorragende Umweltverträglichkeit aus. Die jüngsten Ereignisse sprechen dem jedoch anscheinend lautstark Hohn. Sie waren vor zwei Tagen am Ort des Geschehens, um sich selbst ein Bild zu machen. Erzählen sie uns bitte, was dort vorgefallen ist."
Böcelli: „Die Ereignisse sind mir in der Tat sehr peinlich. Aber das ganze ist schließlich ein wissenschaftliches Experiment, und im vorliegenden Fall hat es handfeste Ergebnisse gezeitigt, über die ich mich als Wissenschaftler eigentlich freuen muß. Das liegt in der Natur meines Berufes. Nun zu den angesprochenen Vorfällen selbst: Der Jesus kam in die Kirche gestürmt, hat sich den Priester gegriffen und ihn zur Rede gestellt, was es denn damit auf sich habe, daß sein Ebenbild in jeder Kirche am Altar hänge, und das immer an ein Kreuz genagelt. Das sei doch geschmacklos, beleidigend und persönlich diskriminierend. Der auf das äußerste verdatterte Gottesmann wußte sich zunächst nicht anders zu behelfen, als erst einmal das Kreuz zu schlagen, was den Jesus wohl erst so richtig in Rage gebracht haben muß. Denn daraufhin hat er dem Priester kreuzweise links und rechts eine runtergehauen, daß es in der Kirche nur so geschallt hat. Jedenfalls ist er seitdem wegen Tinitus in Behandlung. Zudem hat der Jesus den Priester mit Ausdrücken tituliert, die mir der Anstand und mein christlicher Glaube, in diesem Interview wiederzugeben, verbieten.
S.B.: „Ihr Glaube in allen Ehren, aber berichten sie uns doch bitte, wie es zu dem anschließenden Kirchenbrand kam."
Böcelli: „Was sich dann abgespielt hat ist in der Tat nur noch als tragisch zu bezeichnen. Nach dem Vorfall in der Kirche ist der Jesus auf den Markt gegangen und hat sich dort einen 5l-Kanister Wasser gekauft. Den Inhalt hat er dann ohne zu zögern in Rotwein verwandelt und sich denselbigen auch gleich zu Gemüte geführt. Klar, daß der Jesus danach voll war wie eine Strandhaubitze. Wie sollte er sonst auch auf die Idee gekommen sein, sich einen zweiten Kanister Wasser zu besorgen, dessen Inhalt er dann aber nicht in Wein sondern in Benzin verwandelt hat. Laut lästerliche Reden schwingend und schwankend ist der dann zur Kirche zurückgekehrt, hat dort das Benzin vor dem Altar ausgeschüttet und es mithilfe einer Altarkerze angezündet, woraufhin die Kirche bis auf die Grundmauern niedergebrannt ist."
S.B.: „Ist denn der defekte Jesus mittlerweile aus dem Verkehr gezogen worden?"
Böcelli: „Ich bitte sie. Den Jesus deshalb für defekt zu erklären, ist wohl doch etwas übertrieben. Schließlich war er bis zum Stehkragen voll. Und mit 6,66 Promille - wie sich bei der anschließenden Blutprobe herausgestellt hat - wären sie ja auch nicht mehr als zurechnungsfähig zu bezeichnen. Aber natürlich wurde er nach seiner unseligen Tat verhaftet und ins Gefängnis gesteckt. Bei der darauffolgenden Gerichtsverhandlung ist er dann wegen schwerer Körperverletzung und Brandstiftung verurteilt worden. Wegen der verminderten Zurechnungsfähigkeit bekam er jedoch lediglich zwei Jahre und sechs Monate Haftstrafe."
S.B.: „Wie ergeht es dem Jesus in der Justizvollzugsanstalt?"
Böcelli: „Dem Jesus geht es blendend. Hier zeigt er sich erst richtig von seiner menschlichen Seite. Er hat mit seinen Fähigkeiten für eine grundlegende Humanisierung des Strafvollzuges gesorgt. Tagtäglich verwandelt er seinen und seiner Mitgefangenen Zellenstaub in Heroin. Somit hat sich die bis dahin quälende Langeweile der Gefangenen vollständig erledigt. Zudem haben sich die hygienischen Verhältnisse entscheidend verbessert. Die Zellen werden jetzt freiwillig von den Insassen jeden Tag blitzeblank gefegt. Die haben sich zu regelrechten Putzteufeln gemausert."
S.B.: „Vielen Dank für dieses Gespräch, Herr Böcelli. Der Heiland sei mit ihnen."